Das ist nun das dritte Mal, dass ich beginne diesen Blog zu schreiben. Und es ist schon so lange her, dass ich überhaupt was hier gepostet habe. Es scheint mir fast, als müsste ich den Blog mal vom Staub befreien und wieder zum Leben erwecken. Also los gehts: Ich werde ihn jedoch etwas anders aufbauen, als die davor, denn alles, was passiert ist hier aufzuschreiben ist unmöglich. Es wäre einfach zu viel.
Zu Beginn zeige ich euch mal, wo ich überall in diesem zauberhaften Land umher gehopst bin:
Cali-Salento-Medellin-Guatapé-Medellin-Costeño Beach-Santa Marta-Minca-Cartagena-Bogotá-Ibagua-Bogotá-Barranquilla-Manizales-Putumayo-Manizales-Bogotá.
Ihr seht schon, einfach zu viel, es waren aber auch immerhin 5 Monate, die ich dort, schon eher gelebt als gereist habe. Kolumbien ist etwas anders als die Länder, die ich zuvor bereist habe und ich freue mich so sehr als ich ankomme, denn ich habe zuvor so viel Gutes über Kolumbien gehört. Warte mal- so viel Gutes? Wo denn das? In Deutschland denkt man über Kolumbien eher doch: Pablo Escobar, Kokain, Kriminalität und das es ein super gefährliches Land ist. Kolumbien eben. Die Kolumbianer wissen natürlich um ihre Vergangenheit und versuchen alles, um ihr Land zu ändern und das mit Erfolg. Wer einmal in Kolumbien war, der weiß, dass Kolumbien für buntes Leben, Tanzen, Lebensfreude, Partys und Kaffee steht.
Tanzen ist so wichtig. Nie in meinem Leben habe ich mehr gefeiert, als in 5 Monaten Kolumbien, noch nie so viel getanzt. Wer hier zum Tanzen ausgeht, hat so oft am nächsten Morgen Muskelkater. Tanzen ist bei uns in Deutschland eher selten gesehen und meistens, so wie bei mir auch vorher, eher etwas peinlich, vielleicht kennt man jemanden, der Walzer kann oder Discofox? Lateinamerikanische Tänze sind ganz anders. Es liegt den Menschen im Blut und sie werden damit groß. Schon die Kleinsten in der Schule lernen die Basics von Salsa, Merengue, Cumbia und wie sie alle heißen, denn Tanzen ist hier ein ganz normales Schulfach so wie Spanisch oder Mathematik.
Ein weiterer Unterschied: die Menschen und die Tänze haben so viel Feuer. Es geht heiß her- besonders beim Bachata. https://youtu.be/w-2J3vC6zN0
Was mir am Anfang schwer gefallen ist, ist auch schon das Geheimnis: „Fühl dich sexy- sei sexy!“ Man schaut dem Tanzpartner in die Augen, man kommt sich so nah, man bewegt sich so fließend zusammen und man darf das genießen. Es ist Tanzen- mehr nicht, aber es darf super dramatisch sein und Spaß machen. Das heißt nicht, dass man sich danach noch unterhalten muss oder zusammen ausgeht. Nein- es war ja nur für den Tanz.
Kolumbianer sind so gut darin, für den Moment 100% ihrer Emotionen zu geben. Sie tragen Dich auf Händen, geben Dir das Gefühl, Du bist die schönste Prinzessin der Welt. Während des Tanzens, kann ich alles um mich herum vergessen. Wo wir sind, wer wir sind. Und danach? Man bedankt sich mit einem high-Five (was bei mir meistens war, weil ich es einigermaßen geschafft hatte, den Rhythmus zu verstehen und zu halten und dem meinem Partner zu folgen) dann geht man über zum nächsten Tanz, trinkt etwas zusammen oder sucht sich einen neuen Partner mit dem das alles von vorne beginnt. Ganz ungezwungen, einfach genießen. Aber bitte zu 100%.
Aber klar- auch mir ist es am Anfang soo schwer gefallen! So schwer! Cali ist die Hauptstadt für Salsa. Cali ist Salsa. Tag und Nacht 24/7 Salsa, Salsa, Salsa. Jedes Hostel bietet kostenlose Tanzkurse an, was, um die Basics zu lernen und ein Gefühl für den Rhythmus zu bekommen (fällt mir bei Salsa noch heute sehr schwer) super ist. Wenn ich jetzt allerdings die Schritte lerne und jemandem folge, der das auch noch nie gemacht hat, wird die Sache chaotisch und kompliziert. Ich dachte ich werde es nie lernen und dann traf ich in der Disco Stiven, welcher in Cali wohnt und auf einmal konnte ich tanzen. Bzw. ehrlich gesagt, konnte er gut führen. Aber egal- auf einmal konnte ich den Rhythmus fühlen und habe nicht mehr über meine Füße nachgedacht. Es hat geklappt. Oh Gott, wie sehr ich das Tanzen vermisse. Aber gut- nächstes Thema.
Kolumbien ist chaotisch. Klar gibt es Regeln aber jeder nimmt sie sehr locker. Grob gesagt, kann jeder machen, was er will und niemand beschwert sich. Tolerant. Sehr, sehr tolerant sind sie. Im Bus läuft die Musik vom Busfahrer und nebenbei noch 3 andere Handys auf voller Lautstärke, weil die Leute entweder andere Musik bevorzugen (nämlich ihre eigene) oder sich Videos oder Filme anschauen. Ja- zurecht fragt ihr euch, haben sie denn keine Kopfhörer? Ja, haben sie, aber nicht alle nutzen diese. Es beschwert sich ja niemand und es stört auch niemanden. Auch ich habe mich irgendwann daran gewöhnt, 24 Stunden am Tag beschallt zu werden, selbst im Nachtbus um 3 Uhr morgens, das Gedudel geht weiter. Und soll ich euch was sagen? Man passt sich schnell an. Jetzt, wo ich hier gerade in Mexiko bin, und diesen Blog verfasse merke ich richtig, wie Musik mir fehlt. Im Bus, auf der Straße, in Geschäften, überall. Wenn ich alleine bin, mache ich sofort Musik an, im Bus mit Kopfhörern. Ich kann die Stille kaum aushalten und ich glaube, dass Mexiko im Gegensatz zu Deutschland doch auch noch laut ist. Ich höre sogar grade Musik, während ich diese Zeilen schreibe, was ich vorher nie für möglich gehalten hätte.
Ebenso chaotisch wie tolerant ist auch der Straßenverkehr. Wer hupt sagt: „Achtung hier komme ich“, wer als Mensch einfach über die Straße läuft, auch wenn da ein Zebrastreifen ist oder die Fußgängerampel grün ist, ist selber schuld, wenn er überfahren wird. Das hier ist Kolumbien, die Autos werden nicht anhalten. Ampeln und Straßenverkehrsregeln sind hier ganz grobe Richtwerte. Wenn die Ampel rot ist, gerade kein Auto in der Nähe, dann kann man hupend über die Kreuzung fahren. Kein Problem! Das Navigationsdisplay in vielen Autos zeigt Musikvideos oder Netflixserien, damit sich Beifahrer und Fahrer nicht langweilen. Kein Problem! Bei der Einfahrt im Parkhaus wird jedesmal das Nummernschild auf das Ticket gedruckt. Du hast kein Nummernschild an deinem Auto? Kein Problem! Dann gib einfach deine Handynummer.
Chaotisch sind auch die Stadtzentren der meisten Städte. Eng aneinander gereiht werden Socken, Jogginghose, Schuhe oder Kleider verkauft. Zwischendurch ein Stand, der gesalzene Mangos anbietet. Vor den Geschäften stapeln sich quasi noch Straßenverkäufer oder Essensstände. Ein chaotisches Gewusel, immer ein Abenteuer und eine meiner Lieblingsorte in jeder Stadt.
Um 5 Monate in Kolumbien zu bleiben habe ich natürlich auch wieder einige Male Volunteering(Freiwilligenarbeit) gemacht. Zuerst war ich 5 Wochen in einem Hostel in Cali. Hier habe ich zuerst eine Woche an der Rezeption gearbeitet und viel gelernt, wie die Systeme funktionieren und habe dort Gäste ein und ausgecheckt. Danach war ich hauptsächlich an der Bar. Manchmal beim Frühstück, Bestellungen aufnehmen und an die Küche weitergeben und manchmal abends Bier ausschenken. Das tolle an diesem Hostel war, dass wir insgesamt 8 Freiwillige und Reisende waren, aus verschiedenen Ländern. Wir teilten uns einen Raum und wurden schnell zu einer Art Familie. Das nächste Volunteering hatte ich dann in einem paradiesischen Hostel. Das Bohemia Beach Hostel, befindet sich direkt am Strand im Dschungel. Auf dem Weg zum Hostel hat der Bus mich an der Straße rausgelassen und von dort ging es weiter mit dem Motorradtaxi, auf sandigem Straßen, unter Palmen und vorbei an Krokodilen. Die Betten befinden sich im Haus, welches aus Baumstämmen gebaut ist und ein Strohdach hat. Fenster und Türen gibt es nicht. Es ist alles offen. An diesem ewig langem Strand gab es nur Hostels. Ich kann es nicht in Worte fassen. Schaut euch die Bilder an. Meine Aufgaben hier waren übrigens auch cool. Ich habe nämlich an der Bar Cocktails gemixt. Cocktails mixen lernen in der Karibik von Kolumbien! Mein letztes Volunteeringhabe ich dann im Amazonas gemacht. In Putumayo. Ich hatte ihn seit Peru schon sehr vermisst. Hier habe ich bei einer Familie gelebt, die mitten im Dschungel leben und sozusagen Selbstversorger sind. Das Wasser kam aus dem Bach, der Strom von Solaranlage. Im Wald hatten sie Schweine, welche 1) die Essensreste fraßen und 2) mit ihren Ausscheidungsprodukten und den dadurch entstehenden Gasen, Gas zum Kochen in der Küche produzierten. Alles war draußen auch hier gab es keine Türen und Fenster, was den wunderbaren Vorteil hatte, dass wir vom Küchentisch aus Affen beobachten konnten. Während meiner Zeit wurden sogar 12 Schweinebabys geboren. Eines haben wir noch versucht mit der Flasche aufzuziehen aber es ist nach 2 Tagen leider gestorben. So macht man gute und schlechte Erfahrungen.
Eine weitere gute Erfahrung war, dass ich jeden Morgen meinen Lieblingsvogel hören konnte. Er heißt Muchilero und macht Geräusche, so wie Wassertropfen.
Eine andere schlechte Sache war die andauernde Feuchtigkeit. Ich habe am ersten Tag geduscht und mein Handtuch ist in den ganzen 2 Wochen nicht mehr getrocknet. Es war schwer und klamm und bäh, genauso wie all meine Kleidung, die ich gewaschen habe. Nichts trocknete und alles stank so fürchterlich. Gegen Ende ist dann einfach alles geschimmelt. Mein Rucksack, mein Kulturbeutel, mein Buch, sogar meine GoPro. Da war es Zeit für mich den Dschungel zu verlassen.
Reisen ist manchmal anstrengend und besonders an Weihnachten hat mir meine Familie sehr gefehlt. Interessanter Fakt nebenbei: in Kolumbien hatte ich das erste Mal im Sommer Geburtstag. Sonst ist es an meinem Geburtstag im Dezember immer kalt und manchmal schneit es sogar. Aber dieses Mal habe ich mir eine kurzes Kleid angezogen, denn es waren 31 Grad. Aber zurück zu Weihnachten: Über die Weihnachtstage war ich in Medellin, auch bei 30 Grad. Da gab es im Park nachts eine Ausstellung aus riesigen leuchtenden Disney Charakteren, um die sich so viele Leute gedrängt haben, dass es schon ein Wunder war, dass keine Massenpanik entstand. Und das war’s auch schon mit Weihnachtsstimmung. Vereinzelt Tannenbäume mit 1.000 Farben oder Schneeflocken in den Fensterscheiben. Mehr nicht. In der Vorweihnachtszeit hatte ich super Heimweh. Mir fehlten Adventskalender, heißer Glühwein auf dem kalten Weihnachtsmarkt, Weihnachtstee, Spekulatius und Lebkuchen. Auf der anderen Seite war ich aber eben wegen Temperatur und fehlender Familie überhaupt nicht in weihnachtlicher Stimmung. Die Weihnachtstage waren dann wie jedes andere Wochenende auch und bestanden aus Partys. Nothing Special. Nächstes Jahr möchte ich für Weihnachten wieder zuhause sein.
Während meiner Zeit in Kolumbien habe ich neben dem Volunteering auch wieder Couchsurfing genutzt. Bei neuen Freunden und lokalen Leuten wohnen. Auch hier habe ich gute und schlechte Erfahrungen gemacht. 98% waren aber gut und ich kann es weiterempfehlen.
In Cartagena habe ich mit Leandro die Nächte unsicher gemacht und während des Karnevals lebte ich bei einer Familie und auch bei Jaime in Barranquilla.
Der Karneval in Barranquilla (das ist übrigens auch die Stadt, in der Shakira geboren wurde) ist nach Rio de Janeiro der 2 größte Karneval der Welt. 1.Millionen Besucher kommen jedes Jahr im Februar in die Stadt, um zu feiern.
Auch ich habe jeden Tag von Mittag an bis zum nächsten Morgen durchgefeiert. Am Mittag trifft man sich und schaut sich die Paraden an. Hier werden keine Süßigkeiten geworfen, sondern mit Seifenschaum gespritzt. Alles ist voll davon. Es gibt jeden Tag mehrere Paraden (so wie die Umzüge bei uns) die jeweils bis zu 5 Stunden dauern. Tausende Tänzer tanzen lateinamerikanische Tänze in bunten Kostümen und begleitet von Trommeln und lauter Musik. Danach kann man auf der Straße oder in den Clubs tanzen. Alles ist soooo voll. Manchmal muss man bis zu 3 Stunden anstehen, um zur Party zu kommen aber es lohnt sich. Auch hier geben die Kolumbianer (wie bei jeder Party) alles! Sie geben bei allem, immer 100% und es wird gefeiert, als wäre es der letzte Tag, den wir zu leben haben.
Die letzten beiden Wochen habe ich bei Sebastian in Manizales verbracht. Während er arbeiten war, habe ich etwas Spanisch gelernt, gelesen und mir die Umgebung angeschaut. Am Abend waren wir essen oder feierten mit seinen Freunden und tanzten. Ich könnte hier länger bleiben. Manizalesliegt in den Bergen und direkt an einem aktiven Vulkan. DieLeute sind super freundlich und die Luft ist schön frisch.
Auch war die Zeit dort für mich etwas ganz besonderes, denn Sebastian hat mir im Januar, als ich am Strand gearbeitet habe, das Leben gerettet. Ohne ihn wäre ich ertrunken, denn die Strömung hat uns super schnell ins offene Meer und in die Wellen gezogen. Alleine hatte ich nicht die Kraft wieder zum Strand zurück zu kommen. Ich werde ihm ewig dankbar sein.
Es war eine schöne Zeit und mit meinem Besuch bei Sebastian endete nicht nur meine Zeit in Kolumbien, sondern auch, nach 14 Monaten meine Zeit in Südamerika. Von Kolumbien aus kann man mit dem Boot oder Flugzeug nach Panama kommen aber die Flüge waren günstiger nach Mexiko. Da Mexiko auf jeden Fall auch eines meiner Traumziele war, habe ich nicht lange mit mir gerungen und einen Flug nach Mexiko gebucht.
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