Zeit der Einreise in Ecuador: 01:30. Ich bin super müde. Der Bus fährt am Abend in Mancora (Peru) ab und kommt am Morgen in Guayaquil (Ecuador) an. In der Mitte befindet sich die Grenze, an der alle aus dem Bus aussteigen. Da wir nicht der einzige Bus sind, müssen wir über eine Stunde warten. Zum Glück musste man für die Einreise nichts ausfüllen. Daran habe ich nämlich überhaupt nicht gedacht, als ich heute Morgen beschlossen habe, ins nächste Land weiter zu reisen.
Guayaquil
Guayaquil und damit Ecuador sind ab der ersten Minuten anders als Peru. Gelbe Taxis und US-Dollar in den Händen. Bin ich in New York? Die Häuser sind auch wieder größer und im allgemeinen sieht alles vertrauter aus, als noch in Peru.
Guayaquil ist eine der gefährlichsten Städte in Ecuador, was man an den bewaffneten Polizisten überall, erkennen kann. Ich bleibe nur einen Tag, an dem ich zusammen mit Guy den Park in der Stadt besuche, in dem man Leguane und Schildkröten sehen kann. Irgendwie merkt man schon, dass wir hier in Guayaquil ganz in der Nähe von den Galapagosinseln sind.
Montañita
Ich habe keinen Plan, was ich in Ecuador machen soll und begleite Guy also erstmal in den nächsten Ort: Montañita. Wer Ecuador kennt oder selber schonmal da war, der weiß, dass Montañita „un poco loco“ (ein bisschen verrückt) ist.
Montañita ist, genau wie Mancora in Peru auch, ein kleiner Ort am Meer. Hier kann man wunderbar surfen aber die meisten Menschen sind da, um Party zu feiern. Eine Straße zum Meer hin, in der sich Bars und Clubs aneinanderreihen und jeder versucht noch ein bisschen lauter zu sein als der andere.
Ich verbringe 2-3 Tage damit, nachts zu feiern und mich am nächsten Tag davon zu erholen.
Puerto Lopez
Nur 2 Stunden mit dem Bus von Montañita entfernt liegt der ebenfalls kleine Ort Puerto Lopez, in dem Wale beobachtet werden können. Die Fahrt hierher war, auch wenn es nur 2 Stunden waren, super anstrengend. Die Busse hier in Ecuador rasen super schnell und man muss sich beinahe festhalten, um in den Kurven nicht aus dem Sitz geworfen zu werden.
Dazu läuft auf einem riesigen Bildschirm ein Film. Meistens ist dieser ein super lauter Aktionfilm. Spiderman oder James Bond, in einer Lautstärke, die eine Unterhaltung unmöglich macht. Ab und zu kommen Leute in den Bus, um Getränke, Obst, Kopfhörer oder Ladekabel zu verkaufen. Sie fahren dann 15 Minuten mit dem Bus mit, erzählen, was sie verkaufen, laufen durch den Bus und verlassen ihn dann irgendwo (während der Fahrt) wieder, um im nächsten Bus weiter zu verkaufen.
An meinem ersten Tag in Puerto Lopez gehe ich spazieren und schaue mir die Gegend an. Am Hafen kommen Fischerboote an und ich glaube die verkaufen Hai. Kann das sein? Ist doch verboten. Naja, ist halt Südamerika. (Falls diesen Beitrag Fischprofis lesen, die feststellen, dass das hier kein Hai ist, bitte gebt mit kurz Bescheid).
Das Leben hier in Puerto Lopez ist sehr einfach. Der Strand ist zugleich auch der Hafen. Die Boote werden, wenn die Flut kommt, mit den Wellen mühsam ins Wasser geschoben und wenn sie mit dem frischen Fisch zurück kommen, werden diese sofort eimerweise am Strand verkauft. Manche haben Tische aufgestellt, in denen die Fische in der Sonne liegen, bis einer sie kauft. Das wäre in Deutschland unmöglich, ich merke aber selber, dass ich mich immer mehr an diese Zustände gewöhne. Mich wundert nichts mehr.
Am nächsten Tag will ich mir das Schildkrötenzentrum am Strand anschauen. Ich laufe den Strand entlang, stelle aber fest, dass es sich nur um ein zerstörtes Gebäude handelt. Es ist oft so, dass man in Google Sachen oder Restaurants findet, die es dann in der Realität nicht mehr gibt.
Vom Strand aus kann ich aber Buckelwale im Meer springen sehen. Ich beobachte sie eine Weile und als ich auf dem Weg zurück zum Hostel bin, werde ich von Hunden angegriffen. Sie laufen am Strand und rennen auf mich zu. Einer beißt mich ins Bein. Auaaaaa! Zum Glück ist die Polizei in der Nähe und hilft mir, die Hunde zu vertreiben. Im Krankenhaus wird die Wunde gereinigt und die Polizei wartet und bringt mich danach sogar noch zu meinem Hostel zurück. Es hat viele Wochen gedauert, bis die Verletzung verheilt ist und eigentlich hätte ich auch noch eine Impfung bekommen müssen aber zum Glück habe ich überlebt. Haha
Am nächsten Morgen gehts zum Wale beobachten mit einem kleinen Boot aufs offene Meer. Ich hätte nicht gedacht, dass wir den Walen so nah kommen. Wäre ich aus dem Boot gesprungen, hätte ich auf ihrem Rücken tauchen können (aber sowas geht natürlich nur im Film).
Wow die Wale sind soooooo riesig. Unglaublich, dass es solche großen Tiere gibt.
In Puerto Lopez gibt es neben den (hijoeputa) Straßenhunden auch noch ganz viele süße Katzen. Sie werden von allen Menschen gefüttert und geliebt. Super viel Müll gibts auch auf den Straßen... wie immer. Und riesige Kakteen in meinem Hostel.
Von Puerto Lopez fahre ich dann mit einem Bus den Tag über nach Quito, in die Hauptstadt von Ecuador. Die Busfahrt sollte 6 Stunden dauern. Wie immer begleitet von Verkäufern und Filmen. Heute gibt es einen Film, in dem ein Bus von einem Berg abstürzt und alle versuchen zu überleben. Quito ist die am höchsten gelegene Hauptstadt der Welt und wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich genau die selbe Landschaft wie im Film. Berge und steile Klippen zu meiner Seite, ohne Leitplanken… Nach 3 Stunden qualmt es im Bus. Die Busfahrer bauen den 2. Busfahrersitz aus und öffnen darunter den Bereich vom Motor. Das Qualmen hört nicht auf. Für die erste Stunde macht sich aber keiner Sorgen. Dann überlegen manche auszusteigen und ein Taxi anzuhalten (wir stehen ja auf der Autobahn), denn sie haben Termine oder müssen zum Flughafen. Als man feststellt, dass der Bus eindeutig kaputt ist, müssen alle aussteigen und auf den nächsten Bus warten, der hier vorbei kommt. Nach einer weiteren Stunde kommt auch einer, der allerdings sehr voll ist. Jetzt heißt es stehen im Reisebus, für ca. 5 weitere Stunden. Zum Glück fragen die Busfahrer mich sofort, ob ich mich zu ihnen nach vorne setzten möchte. Da gibt es so eine Art Sofa und so wird die dann doch noch 8 Stunden dauernde Busfahrt, eine lustige Zeit.
Quito
In Quito angekommen, besuche ich am ersten Tag die Seilbahn, die einen in die Nähe eines Vulkans bringt. Auf Taxi habe ich keine Lust, wo der Bus fährt weiß ich nicht, also laufe ich die 3 Stunden und genieße die Stadt und den schönen Ausblick vom Vulkan. Ich lerne ein Paar aus den USA kennen und habe wieder einen neuen Ort, an dem ich eine Zeit lang eingeladen bin. Am Abend gegen 19:00 will ich in der Nähe meines Hostels was essen gehen aber die Straßen sind wie leer gefegt. Alle Läden zu, keine Menschen, keine Autos, nur die Polizei, die mir sofort sagt, dass es hier abends super gefährlich ist und ich schnell wieder zurück ins Hostel gehen soll. Na gut, dann ohne Abendessen. Am nächsten Morgen möchte ich auf einen Aussichtspunkt in der Stadt. Auch hier hält mich die Polizei auf ihrem Motorrad wieder auf. Ich solle ein Taxi nehmen, weil der Weg dorthin durch Favelas führt, wo man gerne Touristen ausraubt. Naaa guuuut. Also warte ich aber keines kommt. Zum Glück ist die Polizei wieder mal super hilfsbereit und bietet mir an, mit ihnen auf dem Motorrad hochzufahren. Hehe… mit 2 Polizeimotorrädern mit Blaulicht, fühle ich mich wie ein VIP.
Am Abend habe ich eine Art „Vorstellungsgespräch“ und schon am nächsten morgen sitze ich bei Rodrigo im Auto auf dem Weg zu seiner Ranch.
Hier verbringe ich insgesamt 4 Wochen. Die Ranch ist so was von riesig. Rodrigo ist Anwalt und hat nebenbei 2 dieser Ranches. Die auf der ich arbeite, liegt im Norden von Ecuador, in der Nähe der Stadt Otavalo. 60 Pferde und 400 Kühe leben dort neben 3 Hunden, einer Familie und uns 2, die hier ein Volunteering machen. Luís aus Mexiko und ich haben unser eigenes Haus, bestehend aus 2 Schlafzimmern, einem Bad und einer Küche. Zum Glück einigen wir uns schnell darauf, dass Luís kocht und ich abwasche, ich hasse es nämlich zu kochen und er kocht wunderbar.
Während meiner Arbeitszeit arbeite ich mit Jose, der mit seiner Familie auf der Ranch lebt, zusammen. Wir kümmern uns um die Pferde. Schauen jeden Tag, ob alles in Ordnung ist, bringen sie auf neue Wiesen und geben den Hengsten im „Stall“ Kraftfutter. Wenn ich das jetzt so beschreibe, denke ich an einen Hof wie in Deutschland aber das hier war etwas völlig anderes. Die Ranch liegt auf ca. 3.000 Metern Höhe, sichtbar ist ein mit Schnee bedeckter Vulkan. In der Nacht ist es mit 5 Grad kalt und am Tag werden es gerne 25-28 Grad. Jahreszeiten gibt es nicht. Schließlich liegt Ecuador, wie der Name schon sagt, am Äquator und das Klima ist immer ähnlich. Die Zäune für die Pferde machen wir jeden Tag neu. Aus einer weißen Leine und Holzpfählen, die in die Erde geschlagen werden - von José, natürlich. Täglich laufen wir bis zu 15 Kilometer, um die Pferde zu finden, über Bäche, vorbei an Seen und durch Wälder. Wir treiben die Pferde zusammen und vor uns her, bis sie da sind, wo wir sie haben wollen. Es ist super anstrengend, weil ich einfach mit der Höhe nicht klar komme. Selbst nach 3 Wochen, falle ich abends um 20:00 Uhr tot ins Bett. José macht alles mit den Pferden. Prüft ob sie ok sind, sorgt dafür das sie immer genug zu fressen haben (Wasser bekommen sie, weil überall Bäche aus den Bergen fließen), führt die medizinischen Behandlungen durch, wenn ein Pferd sich verletzt und kürzt die Hufe. Reitet die Pferde ein und weiß, welche Kombinationen die besten Fohlen ergeben. Jeden Tag passiert hier ein neues Abenteuer und ich lerne etwas neues dazu. Es ist ein Paradies.
Meine Wochenenden verbringe ich in der Stadt Otavalo. Hier genieße ich das Stadtleben, den bunten Markt und Menschen um mich herum. Ich habe das Glück, dass ich für mein Hotelzimmer in der Stadt nichts bezahlen muss, weil ich mit dem Besitzer befreundet bin. Ich helfe ihm am Wochenende auf dem Markt Crêpes zu verkaufen. An Otavalo liebe ich, dass die Menschen hier erstmal super freundlich sind und dass sie traditionelle Kleidung tragen. Die Männer haben ihre dicken, langen Haare zu Flechtezöpfen zusammen gebunden und Frauen verkaufen Gewürze und Lebensmittel auf der Straße.
Ich würde länger hier bleiben, wäre da nur nicht die Höhe. So geht es nach 4 Wochen weiter. Bevor ich Ecuador verlasse und weiter nach Kolumbien reise, fahre ich noch nach Baños. Ein Action-Ort, in dem ich ein Couchsurfing bei Sebastian habe. Sebastian ist Kolumbianer, lebt aber seit ein paar Jahren in Ecuador. Sein Haus besteht aus mehreren kleinen Gebäuden, die um einen Hof voller Pflanzen gebaut wurden. Eines dieser Gebäude ist mein Schlafzimmer. Neben Sebastian und mir leben dort noch 3 Katzen, ein Hund und jeden Tag sind Freunde von ihm da, kochen gemeinsam oder helfen ihm mit seinem Geschäft. Er verkauft nämlich „Pan de Yuka“. Das sind kleine Brötchen, die aus dem Mehl der Yuka-Palme gemacht werden. Sie schmecken gleichzeitig süß und sauer und haben eine gummiartige Konsistenz. Super lecker. Ich fühle mich super wohl und zuhause bei Sebastian. Am Tag gehe ich oft mit seinem Hund spazieren und besuche einen Freund, der im Kletterpark arbeitet. Zum ersten Mal im Leben bin ich dort auch geklettert und über dem reißenden Fluss über dünne Drahtseile gelaufen. Ziemlich viel Adrenalin aber lange nicht so viel wie an dem Tag, an dem ich zur Brücke ging und zuschauen wollte, wie Leute von da herunter springen. Bungee jumping. Als die ersten Interessenten kamen, mussten wir erstmal den Mann wecken, der das alles macht, denn er schlief. Ich schaute zu, wie die anderen sprangen. Aus dem Zuschauen wird schnell mehr und irgendwann finde ich mich selber, an einem Seil befestigt, auf dem Geländer der Brücke stehend, vor. Nur einen Schritt- mehr braucht es nicht. Aber das ist gar nicht so einfach. Die Metallplatte, auf der ich stehe, wirkt so klein über dem Abgrund und dem Fluss, der sich zwischen den Klippen reißend unter mir seinen Weg bahnt. Nur ein Schritt- einfach einen Schritt machen. Ach ja, und man soll versuchen mit dem Kopf zuerst zu springen, wie bei einem Köpper ins Wasser. Also gut, nur ein Schritt und mit dem Kopf zuerst, nicht nachdenken einfach machen. Und los. Der Mann hält beim Absprung meine Füße fest, damit ich auch wirklich mit dem Kopf zuerst springe und dann halten mich schon die Seile. Mein ganzer Rücken knackt einmal und ich habe es geschafft. Unglaublich!!! Das war toll und ich freue mich schon aufs nächste mal. Den Abend verbringe ich noch mit einer Gruppe, die ich beim Springen kennen gelernt habe. Wir gehen in einen Park auf einen Berg, wo man Fotos machen kann. Das gibt es hier in Ecuador so viel. Parks, in die man Eintritt bezahlt, um Fotos für Instagram zu machen. Absolut nicht meins. In Sebastians Haus zieht noch Miguel aus Venezuela ein. Er macht jeden Abend Armbänder, die er am Tag in Bussen verkauft. Wow- sowas wollte ich auch mal machen, erzähle es ihm und schon verbringen wir die Abende gemeinsam damit, die Armbänder zu machen und zu quatschen. Der Venezuelanische Spanischakzent ist allerdings so schwer für mich zu verstehen, dass es eine gute Herausforderung ist. Am nächsten Morgen packen wir Musikbox, Mikrofon und Armbänder zusammen und warten auf den ersten Bus. Miguel kann super gut rappen. Macht die Musik mit der Box und rappt einen Song, fragt die Leute im Bus danach nach Wörtern und baut diese in seinen Song ein. Er bringt den ganzen Bus zum Lachen und danach zeigen und verkaufen wir die Armbänder. Das läuft gut. Er macht damit am Tag 30€, was super viel ist, wenn man bedenkt, dass das Durchschnittsgehalt in Ecuador bei 300-400€ im Monat liegt. Wir fahren 10 Minuten mit dem einen Bus, steigen aus und warten dort auf einen nächsten der uns wieder mitnimmt und so weiter. Den ganzen Tag lang. Am Abend bin ich müde vom Dauerlächeln und kenne alle Songs von Miguel auswendig. Trotzdem hat es super viel Spaß gemacht.
Nach 3 Wochen voller Freude und Freunde gehts weiter. Einen kurzen Zwischenstopp für eine Nacht in Otavalo, noch ein letztes Crêpe und dann gehts am nächsten Morgen mit dem Bus zur Grenze und damit in Richtung Kolumbien.
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