Foz Do Iguaçu
Die Grenzüberquerung habe ich dieses Mal im Bus erledigt. An der argentinischen Grenze hält der Bus an, alle steigen aus und lassen sich einen Ausreisestempel in den Pass geben, bzw. ihre Papiere kontrollieren. Ich fühle mich ein bisschen komisch, weil ich dieses Mal nichts ausfüllen musste. Keine Impfbescheinigung, keinen Nachweis über die Krankenversicherung, keine eidesstattliche Erklärung zur Einreise. Ob das so richtig ist? Ja, es funktioniert. Ich habe mich mittlerweile mit den beiden Deutschen, Sonia (die eigentlich von den Kanaren kommt) und Marie aus Wuppertal zusammen getan, denn sie sind genau so verunsichert, was die einfache Einreise angeht, wie ich. Nachdem wir unseren Stempel zur Ausreise aus Argentinien bekommen haben, steigen wir wieder zu den anderen in den Bus. Der Busfahrer schickt uns allerdings wieder raus und sagt wir müssen laufen. Ungelogen: 2 Meter später hält der Bus wieder an und lässt uns rein. Hä? Vermutlich mussten wir nur die Grenze zu Fuß passieren aber wirklich verstanden hat diese Aktion keine von uns. Naja. Nach weiteren 3 Metern im Bus, müssen wir 3 wieder raus: Die Deutschen brauchen ja noch einen Einreisestempel nach Brasilien. Gemeinsam mit unserem Busfahrer stellen wir uns an, zeigen unseren Pass und Impfnachweis und dürfen nach einer Stunde wieder in den Bus und erlösen auch die anderen, die sicher alle schneller zu Fuß gewesen wären. Schnell tauschen wir noch Nummern aus, denn in Rio de Janeiro wollen wir uns wieder treffen.
In meinem neuen Hostel lerne ich am Abend einen netten Franzosen kennen, mit dem ich am nächsten Tag die brasilianische Seite der Wasserfälle besuche. Auch von hier: Atemberaubend. Von Brasilien aus hat man einen tollen Überblick, während man auf der argentinischen Seite in den Wasserfällen drin ist.
São Paulo
Schon 2 Tage später fahre ich weiter nach São Paulo, ein Zwischenstopp, bevor es weiter nach Rio de Janeiro geht, denn der Karneval ruft. Ich habe sogar ein Ticket für die große Parade der ersten Liga der Sambaschulen bekommen und freue mich unglaublich, als ich in den Bus steige, der 12 Stunden später in São Paulo ankommen soll. Soll. Hat nämlich nicht geklappt. Kurz nachdem wir aus Foz do Iguaçu raus sind, wird der Bus angehalten und die Polizei kontrolliert das ganze Gepäck. Wegen den Grenzen zu Argentinien und Paraguay wird hier oft Ware ohne Steuern (Paraguay hat keine Steuern) und Drogen geschmuggelt. Alles wird durchsucht. Auch die Taschen, die wir mit im Bus haben. Bei einem werden sie fündig und er wird festgenommen und abgeführt. Oh… willkommen in Brasilien?!
Mit einem Passagier weniger macht der Bus sich wieder auf den Weg und nach weiteren 2 Kontrollen, ohne Fund, sind wir nach 15 Stunden, am Nachmittag endlich in São Paulo. Mit der Metro fahre ich zu meinem Hostel. Als ich an der Station aussteige, befinde ich mit am Drogen-und Prostitutions- Hotspot von São Paulo. Zerstörte Menschen betteln um Geld, Drogen oder Sex. Ganze Müllcontainer werden ausgekippt und auf dem Bordstein verteilt, um noch etwas Brauchbares zu finden. Vor einer Mauer sitzen ca. 30 Leute und rauchen Crack. Ok… das erklärt, warum mein Hostel so günstig war. Für eine Nacht wird es wohl gehen. Ich bringe meine Sachen ins Zimmer und schaue mir diese riesige Stadt mit ihren Wolkenkratzern, geschäftigem Treiben und Straßenkünstlern an. Als die Dunkelheit herein bricht, esse ich noch schnell etwas an einem „Kilogramm Buffet“, das sind Buffets, wo man pro kg zahlt und dann gehe ich ins Hostel, wo ich am nächsten morgen Lucas (aus Brasilien) kennen lerne. Da mein Bus erst um 23:30 fährt, verbringen wir den Tag zusammen und er zeigt mir die Stadt. Den Abend verbringen wir in einer Bar, veräppeln die Kellner, weil Lucas so tut, als könne er kein Portugiesisch, vergleichen unseren Männergeschmack und suchen uns erfolglos Dates. Kurz: wir haben eine Menge Spaß zusammen. Lucas ist super lustig und ich fühle mich sicher in seiner Nähe. Wenn ich ihm allerdings zu nah komme (weil es nachts gruselig ist) sagt er mir, ich solle Abstand halten, sonst denken die anderen Männer noch, er sei Hetero. Hahaha. Apropos: Ich habe nie zuvor eine Stadt gesehen, in der es so selbstverständlich ist, das Männer auch Männer und Frauen auch Frauen lieben dürfen. Wirklich toll! Auf dem Weg zurück zum Hostel, um meine Sachen zu holen, passiert dann etwas nicht so tolles: die U-Bahn ist super voll und als wir mit der Masse die Rolltreppe betreten, merke ich noch, wie Lucas seine Hand auf meine Schulter legt, damit wir zusammen bleiben. Plötzlich höre ich jemanden schreien, sehe, dass mehrere Männer rennen und 2 sich schlagen. Wo ist Lucas? Nicht mehr neben mir. Oben angekommen, sehe ich, dass er derjenige ist, der da verwickelt ist und gemeinsam mit anderen Männern einen Mann fest gegen die Wand drückt. Ich halte mich lieber zurück und als 3 Polizisten dazu kommen, gehe ich wieder runter. Der Mann hat Lucas Handy geklaut, in dem Moment, als er schaute, dass wir zusammen bleiben. Zum Glück hat er sein Handy wieder bekommen, wenn’s auch kaputt ist. Als die Polizei Fragen stellt, rennt der Mann einfach weg und das war’s. Ich lerne: Nie nie niemals das Handy in der Hosentasche lassen! Lucas bringt mich noch zum Bus und dann geht’s los nach Rio de Janeiro. Wieder habe ich einen Nachtbus gewählt, denn das erspart mir jedes Mal eine Nacht im Hostel.
Rio de Janeiro
Sechs Stunden später: die sich vor mir erhebenden Wolkenkratzer und die sich den Berg hinauf windenden Favelas werden von der orange leuchtenden Sonne geweckt. Ich habe das Gefühl wieder zu Hause zu sein. Schon bei meinem letzten Besuch 2019, in Rio de Janeiro, habe ich mich hier super wohl gefühlt. Warum, weiß ich selber nicht. Irgendetwas verbindet mich mit dieser Stadt. Im Busbahnhof warte ich, bis mein AirBnB frei ist. Vergeblich. Am Ende fahre ich einfach selber hin und stelle fest, dass die Adresse mich in ein Einkaufszentrum führt. Dank dem netten Security Mann finde ich aber schnell meine Wohnung, die sich in einem der sechs Blocks über dem riesigen Einkaufszentrum befindet. Mein Airbnb teile ich mir mit zwei einheimischen Frauen in meinem Alter. Sicher wären wir gute Freundinnen geworden, wenn ich Portugiesisch oder sie Englisch oder Spanisch sprechen könnten. Da nichts von beidem der Fall ist, beschränken sich unsere Auseinandersetzung auf das Wesentliche. Zuerst bin ich von dem AirBnB total enttäuscht, denn statt einem einzelnen Zimmer, wie ich es erwartet hatte, befindet sich in der Wohnung, welche aus nur einem Raum besteht, mein Bett zwischen Küche und Badezimmer (welches auch im Raum mit eingeschlossen ist). Es gibt also keine Türen und keine Privatsphäre. Dafür bin ich in Copacabana 5 Minuten vom Strand entfernt. Man kann eben nicht alles haben.
Die ersten Tage verbringe ich am Strand und damit, mich in der Stadt zurecht zu finden. Da ich genau am selben Ort bin wie schon 2019, fällt mir die Orientierung sehr leicht. Am Strand lerne ich zwei Frauen kennen, als ich sie bitte, auf meine Sachen aufzupassen, während ich ins Wasser gehe. Man hört ja dass hier viel geklaut wird. Für den Abend verabrede ich mich mit den beiden zum Karneval feiern mit ihnen und ihren Freundinnen. Die Paraden finden statt aber der Straßenkarneval ist eigentlich verboten. Deshalb gibt es illegale Partys, in denen mehrere 1000 Menschen durch die Straßen ziehen. Es ist eine tolle Erfahrung, schade nur, dass ich die Lieder nicht kenne, um mit zu singen. Am Samstag ist es dann endlich soweit: Ich kann zur Karnevalsparade im Sambodromo in Rio de Janeiro. Das ist diese Straße, die zwischen den Zuschauertrebühnen langläuft. Quasi ein Stadion für den Karneval. 700 Meter lang und bietet Platz für 88.500 Zuschauer. Dort lerne ich schnell eine Familie kennen, mit denen ich zusammen feiere. Es ist unglaublich, wirklich bei dem Karneval dabei zu sein, den ich mir so oft im Fernsehen und im Internet angeschaut habe. Dem Karneval in Rio de Janeiro. Ich kann es den ganzen Abend kaum glauben. Ein Traum geht in Erfüllung. Beim Karneval treten jeden Tag sechs Sambaschulen gegeneinander an. Jede Sambaschule hat dabei circa 3500 Teilnehmer und eine Stunde Zeit, sich der Menge und der Jury zu präsentieren. Es ist unglaublich, wie aufwändig die Wagen gestaltet wurden und wie gut die Tänze einstudiert sind. Die Veranstaltung beginnt um 21:00 Uhr und endet um 07:00 Uhr.
Als Sonia und Marie kommen, freue ich mich die beiden wieder zu sehen. Wir treffen uns abends auf der Straße und wollen Karneval feiern gehen. Leider bleibt es beim wollen, denn sobald wir uns in die Menge stürzen, wird Sonia überfallen. Fünf Männer rennen von allen Seiten auf sie zu und reißen ihr die Ketten vom Hals um dann, als sie diese ergreift ihre Tasche zu klauen. Zum Glück konnte sie zwei der drei Ketten noch retten (wenn sie auch leider kaputt gegangen sind) und ihre Tasche konnten die Diebe auch nicht mitnehmen. Sogar der Caipirinha blieb unverschüttet in ihrer Hand. Die Laune auf den Straßenkarneval hat uns das allerdings verdorben. Das war jetzt mein zweiter Überfall in einer Woche in Brasilien und es sollte noch lange kein Ende haben. Am nächsten Morgen wollen wir uns am Copacabana Strand treffen. Es ist super windig. Als Marie und ich unter unserem Sonnenschirm sitzen kommt ein Mann, der uns Tattoos verkaufen möchte und labert uns total zu. Plötzlich drehte Marie sich rum und bemerkte rein zufällig, dass sein Kumpane gerade in aller Seelenruhe meine Tasche ausräumt. Direkt neben uns! Unglaublich. Ab jetzt müssen wir unsere Sachen direkt am Körper fest halten. Als Sonia und eine Freundin von ihr kommen, gehen Marie und ich ins Wasser. Wir haben viel Spaß und kämpfen mit den Wellen, ahnen aber nicht, was unsere Freundin Sonia gerade erlebt. Während wir beide so lustig im Wasser planschen, zieht ein starker Sturm auf und Sonia muss sich bemühen, die Sonnenschirme fest zu halten, gleichzeitig auf unsere Taschen acht geben, denn gerade da wird von unseren Sitznachbarn der ganze Rucksack geklaut. Als wäre das nicht schon alles genug, ertrinkt vorne fast ein Kind. Überhaupt sehe ich hier jeden Tag, dass Menschen gerettet werden, die von den Wellen nach draußen gezogen werden. Die Rettung erfolgt entweder per Jetski oder Hubschrauber. Das ist uns zu stressig und wir suchen uns einen ruhigeren Strand, glücklich darüber den Tag überhaupt überlebt zu haben, denn am Ende werde ich noch von einem Sonnenschirm angegriffen, der mich verletzt.
Die restlichen Tage verbringen wir dann damit, mit den Leuten aus dem Hostel andere Strände zu erkunden. Meinen letzten Tag in Rio de Janeiro verbringe ich mit der Gruppe in einer Favela. Mit dem Bus fahren wir ans untere Ende und dann geht es mit dem Motorrad Taxi rauf. Taxis dürfen in der Favela nicht fahren und Ubers wollen nicht. Als wir mit den Motorrad Taxis oben auf dem Berg ankommen, kommen direkt zwei Jungs zu uns und bieten uns eine Führung an. Klar, das machen wir gerne mit. Sie bringen uns zu einem Aussichtspunkt und danach gehen wir noch durch die engen Gassen, bis wir an einen Waldrand kommen. Einen super steilen Berg geht’s hinauf, durch den Dschungel und wir brauchen all unsere Kräfte, um mit den Barfuß laufenden Jungs mit zu halten. Oben angekommen gibt es einen gigantischen Ausblick über die Favela Rocinha. Rocinha ist die größte Favela Südamerikas und beherbergt mehr als 250.000 Einwohner. Da ich meinen Bus bekommen muss, mache ich mich alleine auf den Rückweg. Obwohl ich nachts alleine durch den Dschungel laufe und danach mit dem Motorrad Taxi durch die Favela fahre, habe ich nicht so viel Angst wie in Copacabana am helllichten Tag am Strand. Ich bitte den Motorradfahrer mich doch direkt zu meinem AirBnB zu bringen, damit ich schneller zum Busbahnhof komme. Weil ich so lange keine Probleme mehr hatte, damit eine Reise anzutreten, stelle ich 10 Minuten bevor der Bus los fährt fest, dass ich ein Ticket in die falsche Stadt gekauft habe. Diskutiert und am Ende zum Glück mein Geld wieder bekommen, habe ich dann doch noch eine Nacht in Rio geschlafen, mir am nächsten Tag noch ein bisschen die Innenstadt angeschaut und dann den richtigen Bus genommen.
Achso… und ich war noch auf dem Zuckerhut. Fast vergessen ;)
Caraiva
Die Busfahrt dauert mal wieder ewig. 21 Stunden der erste Bus nach Itabela, wo ich 4 Stunden warten muss und feststelle, das ich eine Tasche im Bus habe liegen lassen, in der meine Bürste, Klamotten und meine neue Jacke war, und dann folgt ein weiterer 5 oder 6 stündiger Bus. Ich habe Kopfschmerzen. Die Luft ist so heiß und feucht. Das braucht etwas Zeit, um sich daran zu gewöhnen. Im Bus versuche ich mich auszuruhen und die Augen etwas zuzumachen, doch vergeblich. Der Bus hält gefühlt alle 10 Minuten an und Menschen steigen aus und ein oder rennen schnell in eine Apotheke, um dann mit 5 vollen Tüten wieder im Bus Platz zu nehmen. Nach 2 Stunden Fahrt verlässt der Bus die befestigte Straße und weiter geht es auf einer Straße aus Sand, vorbei an Eukalyptus-, Bananen- und Kakao Plantagen. Die Tiere brauchen keine Zäune mehr. Pferde, Hühner und Kühe laufen frei herum und ich fühle mich ein bisschen wie in Nepal. Als der Bus endlich ankommt, geht die Sonne schon unter. Jetzt muss ich noch mein Haus finden. Das ist in Caraiva aber leichter gesagt als getan. Es gibt keine Adressen. Ein ortstypisches Taxi bietet mir seine Hilfe an. Ich lege meine Rucksäcke auf den Karren, der an einen Esel gespannt ist, zeige dem Fahrer ein Foto von dem Haus und schon geht es los. 50 Reals will er als Bezahlung haben. Umgerechnet 10€. Klingt erstmal nicht soo viel aber wenn man bedenkt, dass die 5 stündige Busfahrt nur 5€ gekostet hat, ist es im Verhältnis echt viel. Da ich leider kein Portugiesen spreche, kam eine Verhandlung nicht in Frage und der Esel-Taxifahrer hatte Erfolg mit seiner Masche. Die nächsten 3 Tage habe ich in meinem kleinen Haus verbracht, den Strand und das Dorf erkundet. Es ist wirklich wie im Paradies. Gelber Strand, hellblaues Meer und grüne Palmen. Jedes Mal, wenn ich aufgetaucht bin, konnte ich es selber kaum glauben. Das Dorf ist sehr simpel. Alles ist auf Sand gebaut und am besten bewegt man sich per Quad, Esel oder gar nicht (so wie ich). Will man Obst kaufen, wartet man, bis der LKW mit dem Bart Simpson Aufkleber auf der Frontscheibe vorbei fährt, denn dieser hat auf seiner Ladefläche einen Obstmarkt mit Wassermelonen, Maracujas, Mangos, Zitrusfrüchte, und alles was das Herz begehrt.
Nach einigen Tagen kommen auch Marie, Sonia, Lyzz und Leda aus Rio de Janeiro hinterher. Ich freue mich so, als sie da sind und zusammen machen wir uns ein paar ruhige Tage mit Yoga am Morgen, dann Frühstück und anschließend gehen wir zum Strand. Am Abend trinken wir Caipirinhas in einer Bar und Leda (die aus Italien kommt) kocht jeden Abend Pasta. Es gibt einen wundervollen Ort in Caraiva, an dem der Fluss ins Meer fließt. Eine riesen Sandbank liegt dazwischen. Auf der Speisekarte des Restaurants in dem wir etwas trinken, entdecken wir leckeren Fisch. Aber sehr teuer. Aber der Ort ist so schön. Aber es ist wirklich sehr teuer. Aber wir leben nur einmal. Ok, wir bestellen den Fisch und als er nach einer Stunde endlich kommt, ist er kalt und unsere Enttäuschung groß. Besonders die von Leda. Sie hat als Italienerin klare Prinzipien, was das Essen betrifft und eines davon ist, dass so ein Essen für diesen Preis perfekt sein muss und nicht kalt. Wir gehen uns also beschweren. Natürlich ist niemand dafür verantwortlich und die Verantwortlichen sind grade nicht da. Ja klar, wir rühren das Essen nicht an, zahlen nur unsere Getränke und gehen.
Das Meer hier ist ziemlich wild und stark. Ca 10 Meter vom Strand entfernt kann man bei Ebbe die großen Felsen sehen. Bei Flut sind diese verschwunden aber soweit geht man dann eh nicht raus, zum mindest ich und auch niemand anders an diesem Strand, weil man schon bei 1 Meter im Wasser merkt, wie unglaublich stark die Kraft ist. Eines Morgens gingen wir schwimmen, als Lyzz plötzlich von der Flut nach draußen gezogen wurde. Sie kann kaum schwimmen und Sonia schwamm ihr hinterher. Es ging so schnell. Sie waren sofort hinter den großen Felsen und wir sahen nur noch ab und zu eine Hand von Sonia die sich hilfesuchend aus den Wellen erhob. Ich versuchte schnell zu ihr zu kommen, wurde aber von den Wellen sofort auf einen Felsen geschleudert und beschloss, dass ich ihnen keine große Hilfe sein werde. Da musste jemand raus, der Menschen retten kann und der das Wasser und die Felsen kennt. Wenn ich auch noch drohe zu ertrinken bin ich keine Hilfe. Ich war in einem richtigen Kampf mit mir selber, was ich in dem Moment tun sollte. Marie und ich machten den anderen Leuten am Strand klar, dass unsere Freundinnen Hilfe brauchen und Leda rannte in die Strandbar, um dort jemanden zu finden. Ein Mitarbeiter von der Bar sprang sofort in die Flut aber auch er brauchte Zeit, um gegen diese anzukommen, während Lyzz und Sonia weiter raus trieben oder in Gefahr schwelgten gegen die Felsen gespült zu werden. Jemand holte ein Surfbrett und schwamm damit raus und so konnten die beiden schließlich, am Ende ihrer Kräfte, gerettet werden. Das hat uns allen einen riesigen Schock bereitet. Ein Arzt empfahl Lyzz zusätzlich noch ins Krankenhaus zu fahren, weil sie so viel Wasser geschluckt hatte. Nun waren wir aber ja in diesem Ort, der abgeschlossen vom Rest der Welt ist und der Transport ins Krankenhaus beinhaltete folgende Verkehrsmittel: zuerst mit dem Quad zum Eseltaxi. Dann mit dem Eseltaxi zum „Harfen“, um dort im Kanu den Fluss zu überqueren. Auf der anderen Seite wartete dann ein Taxi, welches 2 Stunden fährt, bis die Straßen wieder aus Asphalt sind und dort wartet der Krankenwagen, der dann nochmal 2 Stunden zum Krankenhaus fährt. Nur gut, dass sich niemand den Arm abgeschnitten hat. „Was machen denn die Menschen, wenn mal wirklich etwas ernsthaftes passiert?“ fragten wir und die Antwort war: „Die meisten sterben daran“. Oh
Salvador
Was für eine Abenteuerliche fahrt, die uns insgesamt über 40 Stunden und 100€ extra kostete. Das kam so: der Wecker klingelt um 3 Uhr. Unser Bus fährt nämlich um halb 6 und wir müssen noch zum Hafen laufen (mit Backpacks durch den Sand) und von da ein Kanu nehmen. Die Bushaltestelle ist nämlich auf der anderen Straßenseite. Ähm Flussseite meinte ich. Es regnet. Mit Flipflops und meinen beiden schweren Rucksäcken kämpfe ich mich gemeinsam mit den anderen durch Regen und Sand. Das erste Kanu bringt uns rüber und wir sehen den Sonnenaufgang über dem Fluss. Als der Bus endlich kommt sind wir erleichtert endlich im Trockenen zu sitzen. Unsere 4 stündige Busfahrt endet allerdings nach 5 Minuten, weil der Bus im Schlamm stecken bleibt. 20 Minuten lang versucht er sich zu befreien aber nichts geht mehr. Wir müssen also alle samt Gepäck raus aus dem Bus und plötzlich kann der doch aus dem Schlamm entkommen und fährt davon, um nicht wieder stecken zu bleiben. Ohne uns. Wir bleiben im Regen stehen. Der nächste Bus kommt morgen. Da wir für den Anschluss Bus am Abend schon ein Ticket gekauft haben, bleibt uns keine andere Möglichkeit als ein Taxi für 100€ zu nehmen. Total fertig und müde verbringen wir irgendwie den Tag in Porto Seguro und nehmen um 18:00 den Bus, welcher um 06:00 morgens in Salvador ankommen soll. Soll! Irgendwie dauert hier in Südamerika jede Busfahrt 20 Stunden und auch diese 12 stündige Busfahrt sollte 20 Stunden dauern, denn um 22:00 Uhr stoppt der Bus plötzlich mitten im Dschungel. Ein Stau. 15 Kilometer weiter vorne ist ein Unfall. Umleitungen gibt es nicht. Nach 3 Stunden fährt ein Krankenwagen an uns vorbei und unser Bus bleibt stehen. Bis 06:00 morgens. Zum Glück sitzt neben mir ein netter Typ mit dem ich mir die Zeit vertreiben kann. Wir unterhalten uns nett und er bringt mir mitten in der Nacht auf der Straße einen brasilianischen Tanz bei.
In Salvador angekommen beziehen wir erstmal unser Airbnb. Die nette Vermieterin, eine ältere Dame, empfiehlt uns Restaurants und Bars. Außerdem noch einen Mann der am Strand Chucks verkauft. Bei ihm können wir gute Drogen bekommen… Achso, danke für die Info…
Ansonsten verbringen wir sehr lustige Tage in Salvador, kochen leckeres Essen, backen Schokokuchen und hören, aus irgendeinem Grund Tokio Hotel und Weihnachtslieder. Salvador ist wunderschön und mit netten Menschen. Anders als es überall behauptet wird, werden wir hier auch nicht bedroht oder überfallen. Leider müssen wir schon nach 2 Tagen weiter aber ich bin mir sicher, dass ich eines Tages nochmal mit mehr Zeit wieder komme.
Barreirinhas
Von Salvador aus geht es mit dem Bus (20 Stunden lang) weiter nach Teresina, wo wir einen Tag verbringen, um dann mit dem nächsten Bus (13 Stunden) weiter nach São Luis zu fahren. Von aus nehmen wir sofort wieder einen sechsstündigen Bus, um nach Barreirinhas zu kommen. Dort angekommen sieht die Welt ganz anders aus: Motorrad fahren ohne Helm und gefühlt ohne Straßenregeln. Ein Guide fängt uns in der Bushaltestelle ab, verkauft uns erfolgreich eine Tour, nachdem wir den Preis noch deutlich runter gehandelt haben, und fährt uns mit seinem offenen Jeep zum Haus. Am Abend kommen Lyzz und Fernando wieder zur Gruppe und ab jetzt sind wir wieder sechs Leute. Einen Tag verbringen wir im Pool an den anderen beiden machen wir einen Ausflug in die Dünen. Kilometer weit nichts außer Sand. Mit dem Jeep geht’s hoch und runter und wir müssen uns richtig festhalten. Mitten in den Dünen haben sich Lagunen aus Regenwasser gebildet, in denen man schwimmen kann. Ich hab noch nie vorher so klares Wasser gesehen und der weiße Sand rum herum macht das Bild perfekt. Perfekt ist auch der Tag den wir ausgewählt haben, um in den Dünen zu übernachten. Es ist nämlich Mondfinsternis. Nach einem Abendessen legen wir uns einfach, an einer windgeschützten Stellen in den Sand und stellen uns einen Wecker, um den Mond zu sehen. Abends kommen noch Leute vorbei, was wir sehr komisch finden, denn wir haben gedacht, wir wären an einem abgelegenen Ort. Ein Mann erzählt uns viel von sich, wie er heißt, wo er wohnt und dass er hier spazieren ginge. Okay… Die Mondfinsternis können wir wunderbar beobachten und als der Mond verdeckt ist, werden auch die Sterne sichtbar. Eine unglaublich tolle Erfahrung. Am nächsten Morgen wachen wir auf, genießen den Sonnenuntergang und stellen dann fest, dass in der Nacht jemand den Rucksack von Lyzz geklaut hat. Alles weg. Papiere, Kreditkarten, Handy. Ich weiß schon, warum ich all meine Wertsachen in meinen Schlafsack gelegt habe. Ich vertraue niemanden. Auch nicht an so einem abgelegenen Ort. Nachdem die Polizei da war, den Rucksack wieder gefunden hat, allerdings ohne Handy, verbringen wir noch einen schönen Tag. Am nächsten Morgen geht die schon wieder weiter.
Amazonas
Weiter geht es im Bus, dieses Mal nur 12 Stunden, nach Belem. Belem ist unser Ausgangspunkt, um mit dem Boot nach Manaus zu fahren. Aber erstmal feiern wir den Geburtstag von Leda. Am nächsten Morgen geht es los. Das Boot bietet Platz für 600 Passagiere. Zum Glück werden es nicht annähernd so viele sein. Die unterste Etage vom Schiff wird den ganzen Tag lang voll geladen mit Obst, Gemüse, Holz, Reis, Bohnen und 2 Autos. In der zweiten Etage ist ein Tisch, an dem man essen kann und Platz für Hängematten. Die dritte Etage hat dann ein Deck, auf dem man auf dem Boden sitzen kann oder auf ungemütlichen Bänken. Dann gibt es da noch einen Kiosk und die Suiten. Marie und Lyzz haben unsere Gruppe leider schon in São Luís verlassen und so bleiben noch Sonia, Leda, Fernando und ich. Damit unsere Wertsachen geschützt sind und wir ein privates Bad haben, buchen wir eine Suite mit 2 Betten und 2 Plätze für die Hängematten. So können wir uns abwechseln. Das Boot wird durch den Amazonas Fluss fahren, welcher sich durch den größten Regenwald der Welt schlingelt und dieser Amazonas ist der zweitgrößte Fluss der Welt. Er hat einen Länge von 6.400 Kilometern und ist an manchen Stellen bis zu 20 Kilometer breit. Unvorstellbar.
Die Bootsfahrt beginnt abends, mit 8 Stunden Verspätung und dauert 6 Tage. In den sechs Tagen leben wir ohne Uhrzeit und tun den ganzen Tag, nur dass, was wir wollen. Das Boot fährt an kleinen Dörfern vorbei. Häuser, die auf Stelzen gebaut sind. Boot stehen daneben, wie bei uns Autos. Wenn unser Schiff an den Orten vorbei fährt, kommen die Bewohner mit Kanus angefahren und erhalten Spenden in Form von Lebensmitteln oder Kleidung von Menschen aus dem Schiff oder sie binden sich mit einem Seil an unserem Schiff fest, klettern dann hinein und verkaufen Krabben oder Fisch. In den seltenen Fällen, dass das Boot im Hafen hält, (ca. alle 12 Stunden) haben wir Internet und jeder Passagier hat ein Handy in der Hand. Danach sind wir wieder auf uns gestellt. Nach einigen Tagen werden aus Fremden Freunde und es bilden sich Gruppen. Nette Gespräche entstehen und man hat einfach eine gute Zeit. An einem Tag hat auch Sonia Geburtstag und wir feiern in ihren Geburtstag rein. Ganz nach unser eigenen Uhrzeit, die uns am besten gefällt. Erstaunt stelle ich fest, das es möglich ist, in einer Hängematte zu schlafen, neben einer Lampe und dem Lärm des Schiffsmotors. Man gewöhnt sich eben einfach an alles. Essen kann man auf dem Boot auch kaufen. Wir haben aber vorher eingekauft und hatten so jeden Tag 2x Knäckebrot mit Thunfisch.
Nach 6 Tagen sind wir in Manaus angekommen und eher traurig unsere Familie und unser Zuhause das Boot zu verlassen. Ich bin froh, dass ich auf meiner Reise so viel Zeit habe, dass ich solche tollen Sachen erleben kann. Die Frage, wie der Dschungel sich anhört, kann ich leider noch nicht beantworten, denn ich habe ihn nicht gehört. Die Dame vom Kiosk hatte den ganzen Tag lautstarke Musik laufen und auch der Motor des Schiffes war sehr laut. Einmal hatten wir mehrere Stunden Stromausfall. In der Nacht. So lagen wir in Ruhe an Deck und konnten 1.000.000 Sterne sehen.
Manaus
Eine Stadt mitten im Amazonas. Weit und breit darum befindet sich der Regenwald. Hier fühle ich mich sofort super wohl und möchte länger bleiben. Zu erst heißt es jedoch Abschied nehmen. Nachdem wir nun beinahe 8 Wochen zusammen gereist sind, fliegen meine Freunde weiter Richtung Kolumbien. Mich hält noch irgendwas hier. Ich bin auch ehrlich gesagt etwas müde vom Reisen. Nicht, dass ich wieder nach Deutschland zurück will aber ich habe in den letzten Wochen so viel erlebt und an keinem Ort länger als 3 Nächte geschlafen und mein Kopf braucht mal Zeit, um alles zu verarbeiten und dann mit neuer Energie weiter zu starten. Zum Glück habe ich schnell eine Arbeit im Hostel gefunden. In den meisten Hostels kann man Voluntieren, das bedeutet, dass man dort 5 Stunden am Tag arbeitet und dafür bekommt man das Bett, Frühstück und Wäsche waschen umsonst. Ein guter Plan, um mal irgendwo anzukommen.
Bevor ich aber im Hostel anfange zu arbeiten, mache ich noch eine Dschungeltour. 4 Tage lang lebe ich, gemeinsam mit vielen anderen nette Leuten in einer Lodge, von der ich nicht sagen könnte, wo genau sie liegt. Von Manaus aus fahren wir erstmal 20 Minuten mit einem Boot, dann 2 Stunden über holperige Straßen, bis wir wieder an einem Hafen sind und in ein Kanu steigen. Das Kanu, wie immer mit Motor, bringt uns nach weiteren 2,5 Stunden ans Ziel.
Ich hatte den Besitzer der Lodge zuvor gefragt, ob ich bei ihm arbeiten kann, um mir so die Kosten für die Tour, Unterkunft, Transport und Essen zu sparen. Er sagte „ja“ und ich freute mich. Am zweiten Tag war es aber schon zu Ende mit meiner Freude. Ich sollte von 04:30 Uhr bis 21:30 Uhr komplett durcharbeiten. Pausen hatte ich nur, wenn ich aß und zu essen gab es nur die Reste von den anderen Gästen. Das ist es mir nicht wert. Ich gebe nicht dem Besitzer die Schuld für meine schlechte Erfahrung, sondern eher der Frau, mit der ich arbeiten sollte. Sie gab mir das Gefühl, dass ich da nicht hingehöre und das wollte sie mich spüren lassen. Sobald ich mal kurz bei den anderen gesessen habe, schickte sie sofort jemanden, der mir sagte, sie will, dass ich nur in der Küche bleibe, es sei mir nicht erlaubt, mit den Gästen zu reden. Ich bin froh, dass ich nach 1,5 Tagen aufgeben darf. Diese Leute arbeiten jeden Tag 17 Stunden. Ich werde mich nicht mehr über einen 8 Stunden Tag in Deutschland beschweren, für den ich gutes Geld bekomme (nämlich mehr als 10€ am Tag!). Die restlichen 3 Tage habe ich dann die Dschungeltouren mitgemacht. Wir haben Piranhas gefischt und ein Faultier gesehen, welches die Guides sofort für uns vom Baum runterholten, damit wir es uns genau ansehen können. Am Abend sind wir rausgefahren, um Baby Kaimans zu suchen. Die Guides schnappten sie sich mit der bloßen Hand und am Ende hatten wir 5 Stück. Natürlich haben wir alle Tiere danach wieder dort frei gelassen, wo wir sie gefunden haben. Außer den Piranhas. Die gab es zum Abendessen.
Nach 6 Wochen in Manaus kann ich sagen, das tat richtig gut und Manaus ist eine wundervolle Stadt. Ich hatte nie das Gefühl, dass es gefährlich für mich ist und auch sonst habe ich von anderen nur gute Sachen gehört. Das „Local Hostel“ ist wirklich das beste in der Stadt und ich habe so viele nette Menschen kennen gelernt. Alle die kamen, blieben 2 Tage, waren dann im Dschungel und kamen dann nochmal für einige Tage. Ich kannte bald alle Restaurants und konnte jedem sagen, wo es den besten Fisch gibt, wo es das landestypische Essen gibt oder wo man für 3€ satt wird. In der Nähe vom Hostel gab es einen Saftladen mit allen möglichen Früchten, die Brasilien zu bieten hat und noch vielen mehr. Am typischsten für die Amazonasregion ist Acai, eine Beere, die an Palmen wächst aber mir schmeckte Cupuacu eindeutig am besten! Im Zentrum von Manaus befindet sich ein Theater. Das Theatro Amazonas. Die Bauteile stammen allesamt aus Europa, sie wurden damals, vor 120 Jahren erstmal mit dem Schiff von Europa nach Brasilien und dann weiter über den Amazonasfluss bis nach Manaus transportiert. Eine Kirche neben dem Theater besteht aus dem selben Material. Auffallend ist, das sie nur einen Turm hat. Laut den Einwohnern Manaus, sollte sie 2 Türme haben, aber der eine fiel beim Transport leider in den Amazonas und liegt dort bis heute. Dann hat die Kirche eben nur einen Turm.
Ach Manaus, wer hätte gedacht, dass ich so lange hier bleibe? Das ich hier so nette Menschen treffe und so viele neue Erfahrungen sammle? Ich habe mich wirklich wohl gefühlt und wäre wohl auch noch länger geblieben, wenn nicht mein Visum Mitte Juli ablaufen würde. 3 Monate lang war ich jetzt in Brasilien, bin die gesamte Ostküste mit dem Bus hochgefahren und habe den ganzen brasilianischen Amazonas (ca. 6500km) flussaufwärts mit langsamen Booten bereist. 6 Tage hat es gedauert, um von Belem, wo der Amazonas ins Meer fließt, nach Manaus zu fahren und weiter 7 Tage dauerte es, um von Manaus nach Tabatinga zu kommen. Tabatinga liegt genau an der Grenze von Brasilien, Peru und Kolumbien. Im Hostel habe ich Guy aus Israel kennen gelernt und zusammen mit ihm setze ich nun, Anfang Juli meine Reise fort. Nächstes Ziel: Peru.
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