„Uruguay…habe ich auch schonmal irgendwo gehört… bei der WM? Ja, genau! Vom Fußball kennt man Uruguay“ ungefähr so waren meine ersten Gedanken, als ich auf der Karte entdeckte, das die Hauptstadt von Uruguay - Montevideo nur einen Katzensprung von Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires entfernt ist. Naaaaa gut. Mitte März möchte ich in Patagonien sein, um die Orcas zu sehen und jetzt ist Mitte Februar. Da bleibt noch etwas Zeit für einen Abstecher nach Uruguay.
Was brauchte ich? Einreisedokumente und PCR-Test. Alles erledigt, was doch ziemlich kompliziert war, denn, obwohl ich als Sprache „English“ auswählte, war das Dokument auf Spanisch. Am Ende habe ich es doch geschafft und machte mich früh morgens auf den Weg zum Hafen. Nach Montevideo kommt man nämlich am besten per Schiff. Wenn man günstiger reisen möchte, nimmt man das Schiff nach Colonia (Viva Colonia, wir lieben das Leben, die Liebe und die Lust….). Als am Hafen der Check in beginnt, fragt der Mann am Schalter mich nach meinem Reisepass: Habe ich😊, meinen Einreisedokumenten nach Uruguay: Habe ich ☺️, meinem Impfnachweis: Habe ich😀, meinen Ausreisedokumenten: Ähm wie🤨? Die habe ich dann scheinbar vergessen. Wie soll man denn da noch durchblicken?! Jetzt weiß ich, warum der Ckeck in 2 Stunden vor Abfahrt ist. Ca. 10 Leute gehen mit mir wieder nach draußen, um erstmal die Ausreisedokumente für Argentinien auszufüllen und ich stelle mir vor, wie einfach Reisen vor Corona gewesen sein muss. Nach einer Überfahrt mit der Fähre gehts weiter im Bus von Colonia nach Montevideo. Die Busse hier sind super bequem und man hat viel mehr Platz als in Deutschland. Die 2 stündige Busfahrt vergeht wie im Flug. Landschaftlich erinnert Uruguay mich sehr an Zuhause, weite Wiesen mit Wäldern. Nur die Palmen und Papageien machen den Unterschied. Ach ja, und die Pferde. Die stehen hier nämlich nicht auf der Weide, sondern werden vor oder neben dem Haus an einem langen Seil festgebunden.
Montevideo
Dann, als ich angekommen bin, nimmt das Chaos seinen Lauf. Es ist Samstag. Was ja eigentlich nichts schlimmes in diesem Sinne ist, es sei denn man hat kein Geld und kein Essen und man wusste nicht, dass in Uruguay alle Geschäfte von Samstag mittag bis Montag morgen geschlossen haben. Nach 2 Tagen rumirren und sämtliche Banken ausprobieren, sind meine Nerven am Ende. Immerhin funktioniert meine Kreditkarte bei McDonalds. Am Montag finde ich dann jemanden, der mir helfen kann und bekomme endlich Geld. Jetzt muss ich mich wieder an die neue Währung gewöhnen. Jetzt enspricht 1€ ca. 50 Uruguayischen Pesos. Ich bin erstaunt, wie teuer Uruguay ist. Später erfahre ich, dass dieses kleine Land, was ungefähr einem Drittel von Deutschland entspricht, das wohlhabenste Land Südamerikas sei. Während meiner Zeit in Montevideo habe ich mir die Stadt angesehen, am Strand gelegen, den Hafen mit seiner Markthalle besucht und den Karneval gesucht. Uruguay ist doch so bekannt für seinen Karneval, der mit dem brasilianischen mithalten soll und ich habe so viele, der wenigen Menschen auf der Straße gefragt aber niemand wusste wo er ist. Zu schade, ich hätte ihn gerne gesehen, habe ihn aber verpasst.
Hier noch ein paar Funfacts zu meiner Zeit in Montevideo: In Argentinien und Uruguay ist das beliebteste Essen: klar, Fleisch. Beim Einkaufen im Supermarkt gibt es so viel Fleisch. Wenn die Einwohner, beider Länder, ein Grill veranschtallten, ein so genanntes Asado, dann rechnet man mit 1KG Fleisch pro Person. Einmal wollte ich bei McDonalds einen Veggibürger bestellen und was ich bekommen habe, war ein Bigmac ohne Fleisch😂ja, das ist auf jeden Fall Veggi.
Das Geld wird meistens in Scheinen gezahlt. Es gibt auch Münzen. Z.B. gibt es 50 Pesos als Schein und als Münze. Zuerst dachte ich, die Münzen seien Cent, dann sagte man mir jedoch, dass sind alles Pesos. Bis ich einmal mit einem 10-was-auch-immer zahlen wollte und das dann auf einmal wieder Cent waren.
Die Menschen trinken den ganzen Tag Mate. Das ist ein grüner Tee, der aus runden Gefäßen, die meistens aus Kürbis hergestellt sind, mit Hilfe eines Strohhalms aus Metal getrunken wird. Dazu tragen sie eine Termoskanne mit sich herum, aus der sie immer wieder frisches warmes Wasser auf den Tee aufgießen. Man sieht es hier überall: Auf der Straße, im Bus, im Supermarkt, am Strand.
Punta del Este
Nach einigen Tagen beschließe ich nach Punta del Este zu fahren. Was für eine super Entscheidung. Ich buche ein Hostel und zum ersten Mal, so kommt es mir vor, ist ein Hostel dass, wonach es in der Beschreibung aussieht. Man begrüßt mich und nachdem ich meine Sachen aufs Zimmer gebracht habe, geselle ich mich zu den anderen Leuten, die gemütlich im Außenbereich sitzen und zu entspannter brasilianischer Musik ein paar Joints rumreichen…🧐🙃, denn Kiffen ist in Uruguay erlaubt. Man kann das Gras einfach in der Apoteke kaufen und das riecht man. Überall riecht es Tag und Nacht nach Weed. Geraucht wird es ohne Tabak. Es ist ja eine Sache der Höflichkeit und des Entdeckerns neuer Kulturen, dass ich dazu nicht “Nein“ gesagt habe...😃😂
Im Hostel gibt es einen Hund. Sie heißt „Negrita“. Eigentlich gehört sie gar nicht ins Hostel, denn sie gehört jedem und niemandem. Negrita lebt in der Nachbarschaft und überall wo sie ist, bekommt sie Futter und ganz viel Liebe. An manchen Tagen kommt sie mit uns zum Einkaufen, ein anderes Mal treffe ich sie am Strand.
Punta del Este ist sehr touristisch aber einen Besuch wert. Das Wahrzeichen, die Hände, die aus dem Sand ragen, habe ich nur aus dem Bus heraus, beim Verlassen des Ortes fotografiert, weil ich die ganzen Tage dachte „ach, davon kann ich später auch noch Fotos machen.“
Im Hostel habe ich Linnea aus Berlin kennen gelernt. Ich freue mich darüber, dass wir ein paar super Tage zusammen verbringen. Abends so um 23 Uhr beschließen wir einen Spaziergang zu machen und finden eine Bar, die nett aussieht. Wir gehen wieder zum Hostel, machen uns ein bisschen schick und gehen wieder zur Bar, um dort festzustellen, dass es eine Privatveranstaltung ist. Mist! Naja… wir hätten es auch vorher dem großen Schild am Eingang entnehmen können. Dann gehen wir eben zu den Bars. Am Hafen gibt es ein paar Restaurants, die Nachts die Stühle und Tische wegräumen und eine Disco werden. Eigentlich ziemlich clever, finde ich. Die Discos starten hier aber erst gegen 02:00. Also setzten wir uns in eine der Bars und trinken Caipirinha und essen die typisch südamerikanische Variante von Pommes, nämlich mit Käse überbacken.
Nach einigen Stunden voller Tänze (die Latinos wissen, wie es geht) gehen wir bei Sonnenaufgang zurück zum Hostel, um dort ein paar Stunden zu schlafen, uns danach am Strand zu erholen und das ganze wieder zu wiederholen. So lässt es sich leben.
Auch die nächsten Tage sehen nicht anders aus. Nette Menschen, Cocktails und am nächsten Tag am Strand liegen.
Was mir auffällt, ist die Freundlichkeit der Menschen. Man kann mit jedem ins Gespräch kommen und manchmal führe ich richtig lange Gespräche mit Leuten auf der Straße, bevor jeder wieder seinen eigenen Weg geht.
Als Linnea und auch die anderen Leute, mit denen ich unterwegs bin, nach Hause fahren müssen, bin ich traurig und gleichzeitig fühle ich meine Freiheit so stark wie nie. Ich kann noch bleiben, wenn ich will, so lange, wie ich möchte (oder bis mir das Geld ausgeht).
In Punta del Este ist alles super entspannt. Eigentlich hatte ich nur 2 Nächte gebucht, bin aber am Ende eine ganze Woche dort geblieben. 5 von 7 Nächten habe ich im 6-Bett Zimmer verbracht und die letzten beiden im 12-Bett Zimmer, weil alle anderen schon ausgebucht waren. Wegen Karneval. Karneval? Juhu, dann bekomme ich ihn ja doch noch zu Gesicht. Naja fast… Die Leute lieben den Karneval in Punta del Este so sehr, weil er nur aus Party und Disco besteht. Also wieder nichts… ich gebe auf!
Meinen letzten Tag in Punta del Este verbringe ich auf der Insel Isla Gorriti. Mit einem kleinen Boot kann man dahin fahren. Die Insel besteht aus 2 Stränden und einem Wald aus Palmen und Pinienbäumen. Dort lerne ich Lauren aus Paris kennen, weil sie mit ihren Schuhen und stachelige Pflanzen getreten ist. In Teamwork befreien wir ihre Schuhe von den Pflanzen, gehen anschließend noch zusammen im Meer schwimmen und am Abend im Restaurant essen. Im Hafenbecken entdecke ich meine ersten Seelöwen 😃 Ich bin so gespannt auf all die Natur und Tiere In den kommenden Monaten.
Cabo Polonio
Weiter geht es nach Cabo Polonio. Mit dem Bus 3 Stunden die Küste entlang. Jetzt bin ich näher an Brasilien als an Argentinien.
Cabo Polonio ist ein ganz bezaubernder Ort. Um ihn zu erreichen, fahre ich mit dem Bus bis zum Anfang des Nationalparks, dann muss ich umsteigen, denn ab hier gibt es keine befestigten Straßen mehr. Nur noch Sand. Für umgerechnet ca. 5€ bekommt man ein Ticket für eins der Spezialfahrzeufe, mit denen es dann während einer scheukeligen Fahrt zum Ort fern ab der Zivilisation geht. Ehrlich gesagt habe ich ein bisschen Angst, dass das Auto umkippt, denn die Fahrt ist wirklich sehr ruckelig.
Zum Glück heile angekommen mache ich mich auf den Weg, mein Hostel zu suchen. Es liegt direkt am Strand und die schöne Natur gleicht die Enge im Hostel, Gott sei dank, wieder aus.
In Cabo Polonio gibt es kein fließendes Wasser und der Strom wird selbst erzeugt, so heißt es. Wunderlich finde ich nur die Strommasten, die bis an den Orteingang reichen und obwohl auf unserem Hostel nur ein Wassertank steht, ist doch immer genügend Wasser, auch für 40 Hostelgäste vorhanden und ich habe nicht einmal gesehen, dass der Tank aufgefüllt wurde. Auch WLAN und Netz sind nicht vorhanden, dennoch telefonieren und chatten die meisten Bewohner den ganzen Tag. Irgendetwas in mir sagt mir, dass es für die Touristen als abgelegener Ort dargestellt wird, in Wahrheit jedoch alles vorhanden ist, um den vielen Besuchern gerecht zu werden. Und es sind viele! Sehr viele. Jedenfalls ist mein Hostel schön und liebevoll eingerichtet, die Zimmer und Räumlichkeiten sind aber super eng und die Toiletten und Duschen kann man nicht abschließen. Man muss immer klopfen. Und bei 40 Leuten und 2 Toiletten hat man NIEMALS seine Ruhe.
Ruhe gibt es dafür aber in der Natur. Nach 15 Minuten Fußweg erreicht man einen Felsen, auf dem sich Seelöwen und Robben sonnen. Ich konnte Stundenlang da sitzen und den Tieren zusehen und zuhören. Und tatsächlich machen sie Geräusche wie Hunde und wenn sie ihr Revier verteidigen, wie Löwen. In Cabo Polonio befindet sich eine der größten Seelöwen-Kolonien weltweit. Die meisten liegen aber, verständlicherweise, auf den Felseninseln weit entfernt vom Land.
Delfine, Wale und Orcas soll man auch beobachten können, leider habe ich keine entdeckt. Dafür bin ich aber eines Morgens auf dem Weg zum Strand, mit meinen Flip-Flops fast auf eine Schlange getreten. Augen auf im Str…. Ach ne, in der Wildnis.
Ein weiteres Wahrzeichen von Cabo Polonio, sind die bis zu 50 Meter hohen Sanddünen, die man nach einem einstündigen Spaziergang erreicht. Schon der Weg dorthin, am Strand entlang ist ein Abenteuer. Die Flut spühlt tolle Muscheln und riesige Fische an, die sofort von riesigen Vögeln gegessen werden. Leider auch viele Seelöwen. Ungefähr alle 200 Meter treffe ich auf Tiere, die erst seit wenigen Stunden da liegen, andere schon mehrere Wochen und manchmal sind nur noch Knochen da. Kleine Heuler und ausgewachsene Riesen. Klar, wo so viele Tiere leben, sterben auch welche, fallen ist Wasser und wenn sie nicht von größeren Lebewesen gefressen werden, werden sie am Strand angespühlt. Man lässt sie dann hier liegen. Lässt der Natur ihren Lauf. So ist das. Als ich die Sanddünen erreiche, ist es halb 10 Morgens und Sand und Wind sind noch kalt von der Nacht. (Am Tag ist es hier so heiß, dass ich mich kaum bewegen kann und sobald die Sonne weg ist, wird es Zeit, die dicke Hose und die Jacke zu holen)
Stundenlang gehe ich im Nichts spazieren und freue mich an dem unglaublichen Ausblick. Fun fact: Ich hatte nicht mal Empfang im Ort, aber in den Dünen hatte ich sogar 3G Internet 🧐
Gegen Mittag heizt der Sand sich auf und nach 5 Stunden ohne Schatten, wird es Zeit die Lokation zu wechseln und wieder die Seelöwen im schattigen Plätzchen neben dem Felsen zu beobachten. Die Zeit vergeht schnell und doch bin ich froh, als ich nach 3 Tagen wieder zurück in der Zivilisation bin. Die Enge im Hostel was doch sehr bedrückend und ich brauche einfach Internet.
Montevideo
Nach 5 Stunden Busfahrt bin ich am Abend wieder in Uruguays Hauptstadt angekommen. Es kommt mir vor, wie ein Ameisenhaufen. 1000de Menschen tummeln sich herum, überall liegt Müll, Busse und Autos Hupen und Wertetafeln und Ampeln erhellen die Nacht. Jetzt erst fällt mir auf, wie ruhig Cabo Polonio und auch ich selber die letzten Tage gewesen bin. Ich tausche meine Kappi wieder gegen die Maske (irgendwas müssen meine armen Ohren immer tragen) und rein gehts ins Stadtleben. Vom Busbahnhof Tres Cruses ab an die Haltestelle mit vielen Menschen auf den Bus warten. Oft kommen 3 Busse gleichzeitig, da muss man schnell handeln. Im Bus entfacht sich ein Streit zwischen dem Busfahrer und einer Frau. Laut und temperamentvoll schreien sie gleichzeitig in Spanisch durch den ganzen Bus, dazu gehupe, ein- und aussteigende Passagiere und hinten im Bus weint ein Baby. Willkommen zurück. Willkommen zurück in der Stadt.
Ich brauche Ruhe und Zeit für mich und habe mir ein Zimmer mit einem Bad im Haus eines älteren Ehepaares gebucht. Die beiden sind super lieb und ich schlafe so gut, wie schon seit 2 Wochen nicht mehr. Nachts werde ich ein paar mal wach und denke: „ist der ganze Platz hier für mich? Ja 😁“
In den folgenden Tagen entspanne ich mich und kaufe mir ein Ticket für ein Fußballspiel im größte Stadion in Montevideo. Im Estadio Gran Central fand sogar 1930 das erste WM Finale statt. Voller Vorfreude mache ich mich auf den Weg, doch als ich das Stadion erreiche, fehlen die erwarteten 30.000 anderen Menschen. Habe ich ein falsches Ticket gekauft? Mich im Datum vertan? Nichts von beidem… Die Schiedsrichter wurden bedroht und deshalb wurde das Spiel abgesagt. Schade, aber da kann man wohl nichts machen. Für mich wird es sowieso Zeit, nach einem weiteren Tag im Hostel und der netten Bekanntschaft meiner Zimmergenossin, Uruguay „auf Wiedersehen„ zu sagen. Der Plan: Mit dem Schiff nach Buenos Aires zurück und dann über Land via Rosario, Cordoba und Mendoza nach Santiago de Chile fahren, um dort Patagonien zu erkunden.
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